Die Darstellung der Galoistheorie erfolgt in modernen Lehrbüchern meist sehr abstrakt. Im Sinne der universellen Bedeutung ist dies zweifellos unabdingbar. Leider wird aber dem mathematischen Laien dadurch der Blick auf die wesentlichen Ideen Galois versperrt. Dem soll hier, wenn auch im bescheidenen Rahmen, abgeholfen werden.
Wohl selten war eine wissenschaftliche Entdeckung von so dramatischen Umständen begleitet wie die des erst zwanzigjährigen Mathematikers Evariste Galois. Mit einem in der Nacht zum 30. März 1832 verfassten Brief übersendet Galois einem Freund seine Forschungsergebnisse der vorangegangenen Monate. Am nächsten Morgen stellt sich Galois einem vereinbarten Duell, wird dabei schwer verwundet und stirbt am Tag darauf.
Galois Entdeckungen, ihm zum Ehren später Galois-Theorie genannt, lösen eine Fragestellung der Algebra: Unter welchen Bedingungen ist eine Gleichung in einer Unbekannten auflösbar? Noch wichtiger als das gelöste Problem ist allerdings die von Galois dazu verwendete Methode. Ihre Inhalte, insbesondere der Begriff der Gruppe, aber auch die Vorgehensweise, unterschiedliche Typen von mathematischen Objekten geschickt miteinander in Beziehung zu setzen, sind heute zum unverzichtbaren Bestandteil der Mathematik geworden.
Das Problem
Ausgangspunkt für Galois war das damals ungelöste Problem, dass die Lösung von Gleichungen in einer Unbekannten wie etwa
x2 - 2x - 4 = 0
oder
x3 - 3x2 - 3x - 1 = 0
betrifft.
Seit dem 16. Jahrhundert sind für solche Gleichungen allgemeine (Auf-)Lösungsformeln bekannt, solange der Grad, also die höchste Potenz der Unbekannten x, nicht größer als 4 ist. Mit den Lösungsformeln können die Lösungen ausgehend von den Koeffizienten, also den Konstanten der Gleichung, durch endlich viele Rechenschritte bestimmt werden. Dabei werden und das ist die wesentliche Eigenschaft neben den vier Grundrechenarten nur Wurzeloperationen benötigt. Verwendet man die Lösungsformeln bei den beiden oben angeführten Gleichungen, erhält man
Weiter ...Galois Theory, Harold M. Edwards. Springer, New York 1984
Galoissche Theorie, Emil Artin. Harri Deutsch, Zürich 1973.
Algebra, Band I., Bartel Lendert van der Waerden. Springer, Berlin 1971.
Algebra für Einsteiger: Von der Gleichungsauflösung zur Galois-Theorie, Jörg Bewersdorff. Wiesbaden 2004